
Anfang Oktober, das Wetter ist noch gut und das Semester hat noch nicht begonnen. Da muss man die Gelegenheit nutzen, nochmal Klettern zu gehen. Daher beschlossen mein Kletterpartner Ruben und ich, spontan den Zwölf-Apostel-Grat auf den 2.048 Meter hohen Säuling in den Ammergauer Alpen zu begehen. Der Grat verdankt seinen Namen den zwölf Felszacken, die man auf dem Weg, ausgehend vom Pilgerschrofen (1.759 m) passieren muss. Jede davon steht für einen Apostel, dessen Name auf einer Tafel angegeben ist.
Oberhalb der Schlösser Hohenschwangau und Neuschwanstein klettert man hier meist nur im ersten oder zweiten Grad, es gibt wenige Stellen im dritten Grad. Eine Stelle im vierten Grad kann hingegen abgeseilt werden. Der Zwölf-Apostel-Grat wird eher selten begangen. Entsprechend einsam ist die Tour - ganz im Gegensatz zu den üblichen Wanderwegen. Der Säuling ist bei Wanderern äußerst beliebt, was einerseits an der vergleichsweise einfachen Erreichbarkeit, allem voran aber an einem wunderschönen Panorama, das am Gipfel geboten wird, liegt.
Früh morgens fuhren wir nach Füssen zum Parkplatz des Säulinghaus. Dieses hatte bereits geschlossen, daher herrschte an diesem Tag weniger Betrieb als üblich. Bis zum Säulinghaus führt ein normaler Wanderweg, für diesen Abschnitt benötigten wir etwa zwei Stunden. Bis hier verläuft die Tour nur durch Wald, entsprechend gab es nicht all zu viel zu sehen. Das änderte sich ab der Abzweigung Richtung Hohenschwangau. Hier verließen zumindest stellenweise den Wald. Hier bot sich bereits eine interessante Aussicht, u.a. in Richtung Allgäuer Alpen. Auf dem Weg zum Pilgerschrofen stiegen wir zunächst wieder ein Stück ab, immer über Geröll, was nur bedingt Spaß machte. Wenig später gelangten wir zu Wegweiser, der weiter nach Hohenschwangau führte. Eine weitere Pfadspur verließ den Wanderweg jedoch nach rechts. Dieser folgten wir zum ersten Gipfel. Die Spur war teilweise sehr schwer zu erkennen, sodass wir diese auch kurzzeitig verloren.
Wenig später erreichten wir den Pilgerschrofen. Kurz davor mussten wir bereits das erste mal etwas klettern, dieser Teil war aber durch ein Fixseil gesichert. Hier begann nun der Zwölf-Apostel-Grat. Nach einer kurzen Pause folgten wir diesem und erreichten direkt die erste Felszacke, die unschwierig zu überwinden war. Wenig später kamen wir zum ersten Abseilstand. Da mein Sicherungsgerät zum Abseilen nicht besonders gut geeignet war, wollte ich das Problem mittels Halbmastwurfsicherung lösen. Anscheinend hatte ich den Knoten dafür allerdings nicht im Seil, sondern im Gehirn und musste eine Weile überlegen, wie man denn einen Halbmastwurf eigentlich knüpfte. Wer sich ein bisschen auskennt, weiß, dass dieser nun wirklich nicht der schwierigste Knoten ist - das sollte ich wohl nochmal üben.

Blick Richtung Westen, im Vordergund der Pilgerschrofen, Ausgangspunkt des Zwölf-Apostel-Grats

Forggensee
Irgendwann bekam ich den Knoten doch noch hin. Beim Abseilen stellten wir aber fest, dass man den Fels auch recht gut abklettern konnte und ließen das Abseilen im Folgenden sein. Da wir mangels Sicherungsmöglichkeit und aufgrund der geringen Schwierigkeit auch sonst seilfrei unterwegs waren, verstauten wir das Seil wieder im Rucksack.
Auf dem Grat musste man nicht jede Passage klettern. Stattdessen gab es viel Gehgelände. Einige der Felszacken ließen sich auch ganz einfach seitlich umgehen. Wir waren aber zum Klettern hier und bewegten uns daher die meiste Zeit direkt auf dem Grat. Die Schwierigkeiten waren, wie bereits erwähnt, gering. Zudem war die Qualität des Felses hervorragend, sodass man immer sehr guten Halt hatte. Trotzdem sollte man die Konzentration hochhalten: Der Grat ist stellenweise stark ausgesetzt, Fehler sind daher zu vermeiden.

der Vorgipfel des Säuling

Schloss Neuschwanstein

Der Zwölf-Apostel-Grat
Die letzte Felszacke war, für mein Empfinden, etwas schwieriger abzuklettern als der Rest. Daher gingen wir diese langsamer an und achteten genauer auf jeden Tritt. Nach dieser Stelle war der Grat aber auch geschafft. Einen schrofigen Hang galt es noch zu überwinden, zum Klettern zu flach, zum Laufen zu steil. Also krabbelten wir auf allen Vieren diesen Teil nach oben bis zur Säulingwiese, die sich nochmal für eine Pause anbot. Bis hier konnten wir noch die Ruhe genießen, danach gingen wir weiter Richtung Säulinggipfel. Kurz nach der Säulingwiese vereinigt sich der Pfad aus Richtung Zwölf-Apostel-Grat mit dem vom Säulinghaus kommenden Wanderweg. Nun war es mit der Ruhe vorbei. Das gute Wetter hatten auch einige Wanderer genutzt, um dem Säuling einen Besuch abzustatten.
Die letzten Meter zum Gipfel waren durchaus nochmal von viel Fels geprägt, stellten aber keine Herausforderung mehr dar. Wenig später standen wir am Gipfelkreuz auf dem Säuling, genauer gesagt, auf dem Vorgipfel. Der Hauptgifpel liegt ein paar Meter daneben, den wir auch noch einsammeletn - bevor sich Eberhard Jurgalski noch beschweren würde.
Die Aussicht vom Säuling ist atemberaubend, direkt am Fuß des Berges liegt, wie erwähnt, das berühmte Schloss Neuschwanstein. Im Norden ist der Forggensee zu sehen, im Westen meine geliebten Allgäuer Alpen, u.a. mit dem Großen Krottenkopf oder dem Hochvogel. Südöstlich erhebt sich das beeindruckende Wettersteingebirge mit dem höchsten Berg Deutschlands, der Zusgpitze. Auch der Blick nach Süden ist interessant, nur, dass ich hier keine Ahnung habe, was man da eigentlich sieht.
Beim Abstieg wählten wir den normalen Wanderweg, der zumindest bis zum Säulinghaus ebenfalls nicht zu unterschätzen ist. Der Steig ist hier mit Stahlseilen versichert. Verglichen mit dem Zwölf-Apostel-Grat ist dieser Teil einfach, aber auch hier muss man auf alle Fälle trittsicher sein. Sonst rutscht man auf dem gerölligen Untergrund gerne mal weg. Ruben kann das bestätigen. Vom Säulinghaus folgten wir dann zunächst dem gleichen Wanderweg wie im Aufstieg. Für das letzte Stück ins Tal wechselten wir auf die Fahrstraße, um die Gelenke etwas zu schohnen. Eilig hatten wir es auch nicht.
Die Tour ist auf jeden Fall empfehlenswert, vorausgesetzt, man hat Spaß an der Kraxelei. Ansonsten bietet sich der Säuling aber, wie gesagt, auch als Wanderberg an. Bei gutem Wetter ist die Aussicht vom Gipfel ein Traum.

Blick Richtung Süden

Der Vorgipfel des Säuling

Wettersteingebirge mit der Zusgpitze
